Beschaffungsprozess

Der Beschaffungsprozess regelt den gesamten Einkauf. Von der Bedarfsermittlung bis zur Zahlung wird dadurch das ausreichende Vorhandensein von Gütern garantiert.

 

Beschaffungsprozess – Was ist das?

Definition: Der Beschaffungsprozess umfasst sämtliche Aktivitäten, die sich mit der Planung sowie dem Einkauf von Gütern und Dienstleistungen befassen. Der Prozess beginnt mit der Feststellung des tatsächlichen Bedarfs, verläuft über die Budgetierung, Lieferantenauswahl und eigentliche Bestellung bis hin zum Wareneingang und der finalen Zahlungsabwicklung. Das Ziel ist dabei die höchstmögliche Effizienz des Beschaffungsprozesses: Der Einkauf qualitativ hochwertiger Produkte zu möglichst niedrigen Beschaffungskosten. Um das zu erreichen, muss der gesamte Beschaffungsprozess bei jedem der folgenden Schritte optimiert werden.

 

Ablauf des Beschaffungsprozesses

In welche Teilschritte der Beschaffungsprozess unterteilt wird, ist unterschiedlich. Der Beschaffungsprozess in SAP wird beispielsweise wie folgt dargestellt:

  • Anlegen der Bestellanforderung
  • Auslösen der Bestellung
  • Prüfung des Wareneingangs
  • Prüfung und Freigabe der Rechnung
  • Auslösen des Bezahlvorgangs
  • Archivierung

 

Der Beschaffungsprozessablauf kann aber auch allgemeiner und umfassender beschrieben werden. Beispielsweise kann die Ermittlung des Warenbedarfs als Startpunkt betrachtet werden, auf welchen Bestandskontrolle und Budgetfreigabe folgen. An die Lieferantenauswahl schließt sich die eigentliche Bestellung durch den Einkäufer an sowie deren Überwachung. Nach dem Wareneingang wird dann abschließend die Zahlung abgewickelt. Aufgrund der logisch-zeitlichen Abfolge sämtlicher Schritte wird der Beschaffungsprozess häufig als Flussdiagramm dargestellt und verdeutlicht.

 

Bestellanforderung- und freigabe (BANF)

Der Schritt der Bestellanforderung- und freigabe (in SAP auch BANF abgekürzt) gehört zum operativen Beschaffungsprozess und gliedert sich wiederum in verschiedene Teilaspekte:

 

1 Bedarfsermittlung

Zu Beginn jedes Einkaufs steht die Bestimmung der benötigten Güter bzw. Materialien. Dazu wird der Bestand mit den vorliegenden Aufträgen abgeglichen. Grundlegend können dabei drei Bedarfsgruppen unterschieden werden: Der Primärbedarf umfasst direkt verkäufliche Waren, der Sekundär- und Tertiärbedarf Roh- bzw. Hilfs- und Betriebsstoffe. Alle drei Kategorien müssen bei der Bedarfsermittlung für die optimale Bestellmenge berücksichtigt werden.

Zur konkreten Ermittlung stehen wiederum drei Möglichkeiten zur Verfügung: Bei der deterministischen Methode wird die Beschaffung der nötigen Güter nach Rezepturen oder Stücklisten geregelt, bei der stochastischen Methode werden mathematische Verfahren auf Basis von Erfahrungswerten herangezogen. Zusätzlich bietet sich die heuristische Methode an, bei der lediglich die persönliche Einschätzung erfahrener Mitarbeiter zählt.

 

2 Beschaffungsantrag

Im Folgenden wird ein Antrag an den Einkauf gestellt, der die benötigten Waren entsprechend der Bedarfsermittlung umfasst.

 

3 Sachliche Prüfung

Anschließend wird dieser Antrag auf Richtigkeit und Korrektheit geprüft. So soll verhindert werden, dass minderwertige Rohstoffe bestellt werden, die den Anforderungen des Unternehmens an das Produkt nicht standhalten.

 

4 Freigabe

Ist die sachliche Prüfung erfolgreich abgeschlossen, wird die Bestellung freigegeben. Oft muss diese Freigabe durch verschiedene Personen geschehen, beispielsweise die Unternehmensführung, das Controlling (Budgetfreigabe) oder die Einkaufsleitung.

 

5 Bestellung abgeben

Schließlich wird die Bestellung mit Angabe des Kreditors, der Kostenstelle, der Stückkosten sowie des Lieferdatums und -ortes ins hauseigene System eingegeben.

 

Lieferantenauswahl

Die strategische Auswahl des Lieferanten ist von zentraler Bedeutung für den gesamten Beschaffungsprozess. Die Wahl entscheidet über die Qualität der Waren, den Preis sowie die Zuverlässigkeit der Lieferung.

Auch wenn dieser Schritt hier nachrangig im Prozess aufgeführt wird, geschieht die Lieferantenauswahl meist weit im Voraus der Bestellung.

Die eingehende Prüfung von Mustern und externe Audits ermöglichen eine fundierte Entscheidung für einen Anbieter. Zusätzlich helfen spezifische Suchmaschinen (etwa „Wer liefert was“) dank entsprechender Filter. Ist ein Lieferant bestimmt, hilft ein gezieltes und detailliertes Lieferantenbriefing, die Bestellung vollständig und wie gewünscht geliefert zu bekommen.

Zu folgenden Fragen sollten vor der Entscheidung für einen Lieferanten Informationen eingeholt werden:

  • Wie sind Lieferzeiten und -bedingungen?
  • Wie entwickeln sich die Preise des Lieferanten?
  • Hat das Unternehmen einen festen Ansprechpartner?
  • Sind flexible oder ausschließlich Lieferungen just-in-time möglich?

 

Bestellung

Sind die wesentlichen Entscheidungsprozesse abgeschlossen, wird die eigentliche Bestellung, wie sie nach Ende des BANF-Verlaufs feststeht, beim ausgewählten Lieferanten aufgegeben. Wurde seitens des Lieferanten ein verbindliches Angebot erstellt, besteht mit Abschluss der Bestellung bereits ein Kaufvertrag. Ist das Angebot nicht verbindlich, muss noch die Bestellbestätigung abgewartet werden.

Auch die Bestellüberwachung gehört zu diesem Schritt im Beschaffungsprozess. Diese basiert auf einer genauen Dokumentation der Bestellhistorie und stellt sicher, dass Lieferfristen eingehalten und die richtigen Artikel geliefert werden.

 

Wareneingang

Werden die bestellten Waren geliefert, muss der Eingang ebenfalls dokumentiert und geprüft werden. Das erfolgt vor allem auf Basis des Lieferscheins, der mit den tatsächlich bereitgestellten Gütern übereinstimmen muss. Auch die Erfassung der Lieferung in der Buchhaltung sowie die Weiterleitung an die betreffenden Abteilungen (zum Beispiel die Produktion) gehört zu den Aufgaben beim Wareneingang. Neben der Lieferung der korrekten Artikel sind diese vor allem auch auf Schadenfreiheit zu prüfen.

 

Rechnung und Bezahlung

Sobald die Rechnung des Lieferanten vorliegt, ist diese von der Buchhaltung zu erfassen und zu prüfen. Dabei ist besonders wichtig, dass die drei Komponenten Bestellung, Lieferschein und Rechnung in Bezug auf die gelisteten Waren sowie die Preise deckungsgleich sind. Sind alle Positionen stimmig, wird die Rechnung gebucht. Über eine Zahlungsermächtigung kann der Rechnungsbetrag im Folgenden beglichen werden.

 

Mit eProcurement Beschaffungsprozesse optimieren

Unter eProcurement wird verstanden, dass die gesamte Materialwirtschaft digital und unternehmensweit standardisiert über Kommunikationssysteme abläuft. Das ermöglicht, den Beschaffungsprozess effizienter und übersichtlicher zu steuern.

 

Vorteile des eProcurements

eProcurement bietet verschiedene Vorteile zur Optimierung der Beschaffungsprozesse:

  • Immer wiederkehrende Routinearbeiten (wie beispielsweise das Erstellen von Beschaffungsanträgen oder Lieferantenanfragen) lassen sich beschleunigen, indem entsprechende Formulare und Muster bereitstehen. Zusätzlich können Automatismen eingebaut werden (z. B. kann das System eine Bestellung nach der Freigabe automatisch abschicken).
  • Es verhindert, dass Produkte von Mitarbeitern abseits der festgelegten Einkaufsregularien erworben werden (z. B. bei Lieferanten, mit denen keine Rahmenverträge bestehen).
  • Der Beschaffungsprozess bezieht verschiedene Mitarbeiter aus unterschiedlichen Abteilungen ein. Müssen diese nicht alle nacheinander die jeweiligen Teilaufgaben vornehmen, sondern können parallel auf die entsprechende Software zugreifen, bedeutet das enorme Einsparungen in der Beschaffungszeit. Außerdem ist durch individuelle Freigaben sichergestellt, dass jeder Mitarbeiter nur die Beschaffungsprozessschritte durchführt, zu denen er befugt ist.
  • Zusätzlich verhindert das einheitliche System den sogenannten Medienbruch: Es müssen keine Bestellungen mehr ausgedruckt werden, die dann weiter gefaxt, anschließend per Post verschickt und dann wieder händisch in ein System eingetragen werden. Stattdessen geschieht die gesamte Abwicklung über eine digitale Plattform. Das verhindert Übertragungsfehler und spart ebenfalls bedeutend Zeit ein.
  • Diese Zeitersparnis bedeutet natürlich auch reale finanzielle Vorteile. Dass außerdem weitestgehend auf Papier verzichtet wird, ermöglicht zusätzliche Einsparungen.

 

Beschaffungsmanagement optimieren mit Procure-to-Pay

Procure-to-Pay (oder auch P2P, PTP oder Purchase-to-Pay) ist im Kern deckungsgleich mit dem Beschaffungsprozess und umfasst den Ablauf der Beschaffung von Waren (Procurement) bis hin zur Rechnungsbegleichung (Pay) und dem Mahnwesen. Allerdings liegt hier der Fokus auf der Abwicklung der Beschaffungsprozessphasen mithilfe  datenbankgestützter bzw. webbasierter Softwarelösungen. So können die genannten Effizienz- und Kostenvorteile des eProcurement leicht umgesetzt werden.

Dabei variieren die entsprechenden Systeme in ihrer Komplexität. Ein gewisser Grad der Automatisierung ist vorauszusetzen. So ist es in der Regel möglich, über Querverweise zusätzliche Kontrollen in den Prozess einzubauen. Beispielsweise greift die Software auf hinterlegte Einkaufsbudgets zurück und garantiert so die Einhaltung von Ausgabegrenzen.

Komplexe moderne Systeme können sogar noch mehr. Sie sind unter anderem in der Lage, Daten aus der doppelten Buchführung oder dem Customer Relationship Management (CRM) zu ziehen. So sind sie nicht nur als Subsystem des Supply-Chain-Managements zu betrachten, sondern haben letztlich sogar indirekt Einfluss auf die Customer Journey sowie allgemein auf Bereiche des Marketing und Vertriebs.