Business Process Outsourcing (BPO)

Definition: Was ist Business Process Outsourcing?

Beim Business Process Outsourcing (BPO) übertragen Unternehmen das Management bestimmter Aufgaben oder Geschäftsbereiche bzw. -prozesse auf externe Dienstleister, die ihr spezifisches Expertenwissen einbringen. Betriebsrisiken werden beim BPO auf den Auslagerungspartner übertragen. Das Unternehmen gewinnt mehr Zeit für andere (strategische) Aufgaben bzw. für die eigenen Kernkompetenzen und schont (im Idealfall) die Bilanz. BPO-Modelle gewinnen durch die Digitalisierung nochmal an Fahrt. Plattformen und innovative Start-ups machen neue Kooperationen und Geschäftsmodelle möglich.

 

Business Process Outsourcing-Services: Beispiele

Das Auslagern betrieblicher Funktionen ist breit individuell ausgestaltbar: anwendungsorientiert, einzelleistungsorientiert, Übernahme ganzer Geschäftsprozesse, Nearshoring (Auslagerung ins nahe Ausland, meist Osteuropa), Offshoring (z.B. nach Asien, Südamerika), Onshoring (der ausgelagerte Geschäftsbereich wird regional bzw. auf dem Firmengelände des outsourcenden Unternehmens betrieben), Shared Services (gleiche/ähnliche Prozesse in verschiedenen Unternehmensabteilungen werden zentral durch ein Shared Service Center bearbeitet).

Übertragen auf Externe werden in aller Regel nur Aufgaben bzw. Prozesse, die nicht zu den Differenzierungsmerkmalen des Unternehmens am Markt zählen. Ziel ist schließlich, die Wettbewerbsposition zu sichern bzw. signifikant auszubauen.

Beispielbereiche für Business Process Outsourcing (Primär- und Sekundärbereich):

  • Forschung und Entwicklung
  • Betrieb von IT-Systemen (Software as a Service/SaaS)
  • Logistik
  • Travel Management
  • Facility Management
  • Flottenmanagement
  • Call Center
  • Human Resources/Recruiting
  • Trainings/Qualifizierung
  • Management des Zahlungsverkehrs
  • Purchase-to-Pay Prozess
  • Vom Einkauf bis zur Bezahlung des Lieferanten
  • Beschaffung (Teilbereiche, Warengruppen bis komplette Auslagerung)
  • Finanzbuchhaltung und …
  • Personalabrechnung „laufende Buchführung“ gemäß. § 6, Nr. 3 und 4 StBerG. (Ordnen, Kontieren und Buchen der Belege)
  • Postbearbeitung
  • Auftragsbearbeitung

 

Business Process Outsourcing am Beispiel Beschaffung: Worauf ist zu achten?

Allen Modellen des Business Process Outsourcing müssen detaillierte Ist- und Soll-Analysen vorausgehen:

  • Welche Bereiche wollen wir künftig warum extern managen lassen (nötig: Return-on-Invest-Berechnung)?
  • Welche Potenziale (Zeit, Prozesse, Kostenblöcke) lassen sich kurz- und mittelfristig bilanzschonend realisieren (alte/neue Kennzahlen, bessere Margen, geringere Personalkosten, Ziele, Vision)?
  • Wann greifen wir bei Störungen aller Art (welche könnten das sein?) in die externen Prozesse ein und welche Maßnahmenpläne müssen wir bei einem (un-)koordinierten Ausstieg aus dem Dienstleistermodell umgehend aktivieren?
  • Gibt es Beispiele von anderen Unternehmen, an denen wir uns ausrichten können?

 

Dabei sollte im Vorfeld vor allem nach Stolperfallen „gefahndet“ werden.

Business Process Outsourcing ist eine strategische Entscheidung der Unternehmensleitung. Diese neue Ausrichtung führt zu Veränderungen von internen Abläufen bei den unterschiedlichen Bedarfsträgern und im Einkauf selbst. Teilweise kommt es zu neuen Leistungsbeziehungen mit Lieferpartnern. Das schürt Unruhe über einen längeren Zeitraum. Alle möglichen Reaktionen sind zu antizipieren, bevor ein Vertrag die Belegschaft vor vollendete Tatsachen stellt.

Organisation: Welche Aufgaben entfallen? Wie planen wir mit den betroffenen Mitarbeitern (Umsetzen, Freisetzen, andere/neue wertschöpfende Tätigkeiten)? Im Vorfeld sollte zudem die neue Zusammenarbeitsform mit den internen Abteilungen und die Art des regelmäßigen Berichtswesens transparent gemacht werden. Wichtig ist zudem das Festlegen von wenigen direkten Ansprechpartnern mit Befugnissen für die fachliche Begleitung des externen Partners. Dieser sollte bei Fragen umgehend fundierte Antworten erhalten, aber nicht durch Überregulierung eingeschränkt werden.

 

Eingehend zu prüfen: Welche Anbieter können uns wirklich nachweislich unterstützen?

Das Expertenteam eines BPO-Partners für Beschaffungsprozesse muss neben Managementfähigkeiten (strategisch/operativ) je nach Vertragsgrundlage hinreichend kundenspezifische Erfahrung mit Produkten, Materialien, (globalen) Absatzmärkten, Lieferantenmärkten (Netzwerk!), internationalem Vertragswesen, Volatilitäten, Qualität, Sicherheit, elektronischen Beschaffungs- und Handelsplattformen, Ausschreibungsmethoden, Recht, Steuern, Abgaben, Zöllen, Marketing, Vertrieb etc. aufweisen.

Der Dienstleister handelt für und im Namen des Kunden am Markt. Er ist die neue Visitenkarte des Unternehmens für diesen (Teil-)Bereich. Das heißt, er vertritt auch die Compliance-Anforderungen des Kunden hinsichtlich Ethik, Corporate Social Responsibility (CSR) und Nachhaltigkeit nach außen.

Neben dem jeweiligen Vergütungsmodell mit Zielkorridoren sind eindeutige Vertragsinhalte mit Rechten, Pflichten und Haftungsregelungen festzulegen. Die für das BPO-Modell Verantwortlichen im Unternehmen sollten fachlich in der Lage sein, Fehler, Minderleistungen und Vergehen umgehend zu erkennen. Dann gilt es für die Geschäftsleitung, zuvor definierte Konsequenzen zeitnah anzustoßen.

 

Vorteile und Nachteile des Business Process Outsourcing

Wer sich für ein BPO-Modell entscheidet, hofft durch Zugriff auf externes Expertenwissen auf mehr Effizienz, angepasste Personalkapazitäten, mehr Power für das eigene Kerngeschäft und mithin auf Optimierung der Kostenstrukturen. Im Gegensatz zu den eigenen Mitarbeitern können sich Dienstleister auf bestimmte (Teil-)Aufgaben fokussieren. Sie bringen durch ihre Außensicht neue Impulse und Lösungskonzepte sowie gegebenenfalls auch neue Lieferpartner ein.

Mögliche Nachteile sind die fehlende Flexibilität im Unternehmen, aber auch die unvermeidliche Übertragung von Betriebsinterna bzw. Geheimnissen auf den externen Partner. Dieser gewinnt Insiderinformationen über Vorgehen, Kosten- und Preisstrukturen des Kunden. Das neue Modell kann zu einem zeitweiligen Imageverlust des Unternehmens führen, etwa im Anfangsstadium, aber vor allem, weil durch das „neue Gesicht“ auch so manche alten Strukturen und Beziehungen bröckeln. Der Aufwand für die Betreuung und Steuerung des Partners sollte nicht unterschätzt werden. Keinesfalls dürfen die Aufwendungen für ein BPO-Modell die Einsparungen (Kosten, Prozesse, Personal) übersteigen. Eine Roadmap ist dringend anzuraten. Überlegenswert ist ein vertraulicher Austausch (evtl. Benchmarking) mit anderen Unternehmen zum Thema.