Maverick Buying

Definition: Was ist Maverick Buying?

Maverick Buying bezeichnet im Beschaffungsmanagement die eigenmächtige Bestellung von Materialien oder Dienstleistungen durch die verschiedenen Abteilungen am Einkauf vorbei, also abseits der standardisierten Beschaffungswege.

 

Maverick Buying: Herkunft

Maverick steht im Englischen für „abtrünnig“, „herrenlos“, „Einzelgänger“. Im DACH-Raum wird Maverick Buying auch mit „wilder Einkauf“ übersetzt.

 

Maverick Buying erkennen

An folgenden Merkmalen ist Maverick Buying im Unternehmen zu erkennen:

  • Es liegen Rechnungen vor, für die keine Bestellung durch den Einkauf getätigt wurde
  • Der Rechnungspreis weicht von den Vereinbarungen in den Rahmenverträgen ab
  • Die Zahlungskonditionen in der Rechnung weichen vom Rahmenvertrag ab

 

Maverick-Buying-Quote

Die Maverick-Buying-Quote erfasst alle Bestellungen, die ohne die Einbeziehung der Einkaufsabteilung getätigt werden. Dabei gilt die folgende Maverick-Buying-Formel:

Liegt das Einkaufsvolumen beispielsweise bei 1,5 Millionen Euro und das Finanzvolumen mit den Lieferanten bei 2 Millionen Euro, beträgt die Maverick-Buying-Ratio 75 Prozent. Das bedeutet, dass 75 Prozent des Einkaufs über die Einkaufsabteilung laufen, die übrigen 25 Prozent werden von den Mitarbeitern eigenmächtig getätigt. Liegt die Quote weit unter 80 Prozent, besteht ein ernstes Problem – und somit dringender Handlungsbedarf.

 

Maverick Buying vermeiden

Maverick Buying führt zu höheren Preisen und birgt zudem Compliance-Probleme. Daher ist es notwendig, Maverick Buying systematisch zu eliminieren.

 

Gründe für Maverick Buying

Grundsätzlich lassen sich zwei Ursachen unterscheiden: Unkenntnis der Mitarbeiter und Unzufriedenheit mit der Leistung des Einkaufs. Durch Unkenntnis haben sich im Unternehmen unabgestimmte Prozesse etabliert. Das ist dann der Fall, wenn es keine klar formulierten Regeln zum Einkauf gibt, wenn die Ansprechpartner im Einkauf wenig bekannt sind oder die Mitarbeiter nicht ausreichend über das Wirken der Einkaufsabteilung informiert sind. Oft handeln Mitarbeiter initiativ, weil sie bei der Beschaffung durch Ausnutzen von vermeintlichen Sonderangeboten sparen wollen.

Weitere Gründe für Maverick Buying können sein:

  • Langwieriger, komplizierter und aufwändiger Einkaufsprozess
  • Geringe Flexibilität der Mitarbeiter im Einkauf
  • Unkenntnis der Mitarbeiter über die Total Cost of Ownership, also die bei der Beschaffung entstehenden Gesamtkosten
  • Kein C-Teile-Management (etwa Büroverbrauchsmaterial oder Arbeitsschutzkleidung; Materialien und Artikel mit geringem Wert, die bei der Beschaffung hohe Kosten verursachen)

 

Maverick-Buying-Typen erkennen

Es gibt insgesamt drei Grundformen von Maverick Buying. Die folgende Tabelle dient dazu, die drei Typen des Maverick Buyings voneinander abzugrenzen.

  • Typ 1 – Beschaffungsvorgänge laufen an der Einkaufsabteilung vorbei:
    Hier wählen (einzelne) Mitarbeiter aus den Abteilungen im Unternehmen (wie IT oder Marketing, zuweilen auch Geschäftsführer oder Vorstand) ihre Lieferanten selbst aus und ordern dann, ohne die Einkaufsabteilung einzubeziehen.
  • Typ 2 – Mitarbeiter beziehen den Einkauf zu spät ein:
    Wird der Einkauf erst spät eingebunden, ist es meistens nicht mehr möglich, dessen wertvolles Know-how bei Verhandlungen zu nutzen oder den Lieferantenmarkt zu analysieren. Der Einkauf ist dann lediglich operativ für die Abwicklung der Bestellung zuständig.
  • Typ 3 – vorhandene Verträge bleiben ungenutzt:
    Der Mitarbeiter bestellt zwar beim richtigen Lieferanten, aber die Organisation (Unternehmen oder Behörde) nutzt die ausgehandelten Konditionen nicht. Es entstehen höhere Kosten

 

Maverick Buying messen

Anhand der oben beschriebenen drei Grundtypen des Maverick Buying lassen sich vier Kennzahlen herleiten und eine Maverick-Buying-Quote ausrechnen.

  • Maverick-Buying-Quote:
    Der Bestellbezug und lässt sich aus Typ 1 und Typ 2 herleiten. Diese Buying-Quote stellt das Rechnungsvolumen dar, das durch Bestellungen durch den Einkauf belegt ist.
  • Vertragsnutzungsquote:
    Diese Quote lässt einen Rückschluss darauf zu, wie hoch der Anteil des Bestellvolumens ist, bei dem existierende Verträge Anwendung finden.
  • Preis-Compliance:
    Diese Quote ist das Gegenteil der Vertragsnutzungsquote. Sie zeigt, welcher Anteil des Einkaufsvolumens an Verträgen vorbei bestellt wurde. Sie macht jedoch keine klaren Aussagen darüber, ob beispielsweise der gezahlte Preis dem vertraglich vereinbarten entspricht.
  • Konditions-Compliance:
    Anhand dieser Kennzahl ist abzulesen, inwieweit ausgehandelte Vertragskonditionen mit den angewandten Konditionen übereinstimmen. Wurden die Zahlungs- oder Lieferkonditionen wie vereinbart ausgenutzt? Hierzu gehört auch die Messung der Skontonutzung.

 

Folgen von Maverick Buying

Die Folgen von Maverick Buying können eine enorme finanzielle Belastung für die Unternehmen darstellen. Folgende Effekte können sich darüber hinaus bemerkbar machen:

  • Preisvergleiche fehlen
  • Prozesse sind nicht abgestimmt
  • Verhandlungen werden schlecht geführt
  • Preisvorteile aus Rahmenverträgen bleiben ungenutzt
  • Rahmenverträge finden keine Anwendung, weil die Zielgröße (beispielsweise Mindestbestellmenge oder -wert) nicht erreicht wurde
  • Bei Beanstandungen besteht mangelhafte Rechtssicherheit
  • An den Schnittstellen (Wareneingang, Rechnungsprüfung, Buchhaltung) kommt es zu Mehrarbeit

 

Wie lässt sich Maverick Buying reduzieren?

Nur verbindliche Regeln für alle Mitarbeiter sorgen dafür, dass Bestellungen nicht mehr am Einkauf vorbei laufen. Für die Akzeptanz im Unternehmen ist wichtig, die Prozesse im Einkauf transparent und nachvollziehbar zu gestalten. Durch konsequentes Überwachen und Sanktionierung bei  Verstößen geht die Maverick-Buying-Quote zurück.

 

Elektronische Beschaffung (eProcurement)

Durch eine eProcurement-Software haben Unternehmen diverse Prozesse im Blick. Hierüber lassen sich auch Berechtigungen für bestimmte Mitarbeiter außerhalb des Einkaufs vergeben. Maverick Buying wird so schnell sichtbar.

 

Katalogbeschaffung gegen Freitextbestellungen

Katalogbeschaffung ist für viele Unternehmen bereits Standard. Ziel ist, dass Mitarbeiter das entsprechende Produkt in für sie freigegebenen Katalogen umgehend finden und direkt bestellen.  Zeitraubende Freitextbestellungen sind dabei wenn möglich zu minimieren (oder ganz auszuschließen). Lieferanten sind gefordert, ihren Content so eindeutig wie möglich zu definieren.

 

Einzelbeschaffung im Bedarfsfall nur über den Einkauf

Bei der Einzelbeschaffung im Bedarfsfall bestellen die Mitarbeiter der Einkaufsabteilung das Material erst, wenn ein konkreter Auftrag bzw. ein konkreter Bedarf vorliegt. Das ist beispielsweise bei Einzelanfertigung oder der Fertigung von kleinen Serien der Fall. Das hat den Vorteil, dass keine oder nur sehr geringe Lagerkosten entstehen. Mitarbeiter lassen sich bei Einzelbeschaffungen dazu verleiten, an der Einkaufsabteilung vorbei zu bestellen. Das sollten Unternehmen bedenken und ein solches Vorgehen durch geeignete Maßnahmen von vornherein unterbinden.